Grüfte in der evangelischen Kirche Stotternheim (von Karola Hankel-Kühn)
Seit dem Bau der ersten Stotternheimer Kirche im Zuge der Christianisierung wurden Persönlichkeiten des kirchlichen Lebens die Ehre dadurch erwiesen, indem sie innerhalb des Kirchengebäudes ihres Heimatortes die letzte Ruhestatt erhielten. Es waren die Pfarrer, adligen Familien und Freisaßen als „Wohltäter" von Kirche und deren Einrichtungen zum Wohle der Dorfbewohner.
Während die verstorbenen Pfarrer Einzelgrüfte erhielten, waren es bei den adligen Familien Erbbegräbnisstätten, die über Generationen weitergegeben wurden.
Die Beisetzungen fanden auch in einer besonderen Lage statt. Die Pfarrer wurden mit Blickrichtung zur Kirchgemeinde gelegt, die übrigen mit Blickrichtung zum Altar.
Kostenlos waren solche Grüfte aber für die Wohltäterfamilien nicht und durfte auch nicht einfach durch Pfarrer und Gemeindekirchenräte genehmigt werden. Stets war die Zustimmung des kirchlichen Ministeriums in Erfurt nötig. Eine Akte im Pfarrarchiv aus dem Jahre 1724 bietet dazu einen guten Einblick. Nachdem 1718 innerhalb von 4 Wochen die letzten beiden Erben aus der Ahnenlinie von Ziegler – Melusine von Lehmann geb. von Ziegler und ihr Söhnchen Wilhelm Theodor – starben und in der Kirche beigesetzt wurden, wurde diese Gruft für weitere Beisetzungen geschlossen. Der Witwer Christian Theodor von Lehmann heiratete ein weiteres Mal und erbat 1724 für seine Familie einen Platz für eine neue Gruft. Grund dafür war der Tod seines Sohnes Georg Ludwig.
Schon 20 Jahre nach der Einweihung der neuen Kirche ist der Bereich vor dem Altar mit nach 1704 neu angelegten Grüften voll.
Die Familie von Lehmann erhält den Platz im nordöstlichen Winkel zwischen Kirchenmauer, der von Zieglerschen-Gruft und dem Altar zugewiesen. In diesem Winkel hing bis in die 1990er Jahre ein metallenes Epitaph für Frau von Lehmann. Für 50 Gulden und auf eigene Baukosten wird Herrn von Lehmann eine Gruft genehmigt. Diese musste er „tüchtig ausmauern und Oben mit Platten oder Backsteinen …“ belegen lassen. Vertraglich wurde festgelegt, dass für jede beigesetzte erwachsene Person 10 Taler und für jedes Kind 5 Taler Gebühr zu entrichten sind. Dies galt für alle Beisetzungen, außer den Pfarrern, innerhalb der Kirchenmauern.
Bereits in der „alten" Stotternheimer Kirche, die aus vorreformatorischer Zeit stammte, fanden Beisetzungen innerhalb der Kirchenmauern statt, jedoch sind nur zwei belegt. Hierbei handelt es sich um die letzten zwei Pfarrer Elias Birnstiel (+28.7.1679) und sein Schwiegersohn Georg Heintze (+7.6.1695). Es bleibt unklar, ob diese beiden Grüfte beim Neubau der Kirche 1703/04 in den Boden der neuen Kirche integriert wurden oder eine Umbettung auf den Friedhof stattfand.
Für die Zeit nach 1704 sind durch die Stotternheimer Chronik von Friedrich Wilhelm Andreä, sowie den Sterbebucheinträgen der Kirchenbücher mehrere Beisetzungen belegt. Die erste fand bereits am 10. August 1706 statt und war die des erst 4 Jahre hier tätigen und den Kirchneubau miterlebenden Pfarrers Tobias Margraf. Es mutet seltsam an, dass gerade eine Pfarrerbeerdigung die Einweihung der neuen Grüfte einleitete.
Ihm folgten 4 Wochen später Magdalena Friederica von Ziegler, ledige Tochter des Jacob Sigismund von Ziegler, sowie im Dezember das Fräulein von Staffen. Zu Letzterer gibt es keine weiteren Informationen. Die Familie von Staffen war nicht im Dorf ansässig, so dass sich keine Erklärung findet aus welchem Grund die Beisetzung in der Kirche stattfand. Da sie, wie aus dem Sterbebucheintrag hervorgeht, in die Zieglersche Erbgruft gelegt wurde, wäre eine Verwandtschaft möglich.
1749 fand auch Pfarrer Christian Martin Wahl, seit 1715 in Stotternheim tätig, vor dem Altar seine letzte Ruhestätte.
Bis 1824 liegen die Grabplatten über den Grüften vor dem Altar frei, dann wird der Bereich mit Bohlen belegt und es finden keine Beisetzungen mehr statt.
Von Zieglersche Gruft
Die von Zieglersche Gruft befindet sich links vor dem Altar und damit unmittelbar vor den damaligen Kirchstühlen (persönlichen Sitzplätzen) der Familie.
Magdalena Friederica von Ziegler
Sie wurde als 5. Kind des Jacob Sigismund von Ziegler (3. Kind zweiter Ehe) am 16. Januar 1687 im Siedelhof geboren und verstarb bereits mit 19 Jahren. Am 14. September 1706, abends 7 Uhr, fand ihre Beisetzung im neuen Familienerbbegräbnis vor dem Altar der Stotternheimer Kirche statt.
Zu ihrem Leben sind keine weiteren Informationen vorhanden.
Martha Christine von Ziegler
geb. von Ziegler
Geboren am 24. Dezember 1660 in Erfurt als Tochter des Rudolph Heinrich von Ziegler, heiratete sie um 1680 ihren Großcousin Jacob Sigismund von Ziegler, der im Jahre 1700 in Erfurt verstarb. Wo er eigesetzt wurde, ist unbekannt. Sie verstarb am 1. August 1716 im Siedelhof und wurde am 3. August, abends 7 Uhr unter Läutung aller Glocken und einem Gottesdienst in der Familiengruft beigesetzt.
In der Dorfchronik heißt es zu ihrer Ehrung: „... in ihr ehrt die Kirche ... eine fromme Wohltäterin, welche eine Stiftung von 200 Thalern machte, halb zu deren eigenem Gebrauch (Besoldung für Pfarrer und Lehrer), halb zur Verteilung von Schulbüchern an arme Schulkinder beim jährlichen Ernteexamen.“ Dieses Legat wurde noch im 19. Jh. zum Kauf von Schulbüchern verwendet. Es reichte aus, um fast allen Erst- bis Achtklässlern kostenlose Schulbücher zur Verfügung zu stellen.
Im Jahre 2000/2001 wurde im Zuge der Sanierungsarbeiten der alte aus Stein und Holz bestehende Boden entfernt. Die dabei zu Tage kommenden Grüfte sollten jedoch nicht geöffnet werden. Nur die Grabplatten wurden zum Schutz vor Beschädigungen während der Bauarbeiten entfernt, so dass die mit Backsteinen vermauerten Grüfte ungeschützt blieben. Unbeabsichtigt traf eine Spitzhacke die Vermauerung der Zieglerschen Gruft. Einige Steine brachen heraus und gaben damit nun doch einen Blick ins Gruftinnere frei. Deutlich sind zwei dem Altar zugewandte, gerade ausgestreckt liegende Skelette zu erkennen, mit Teilen der einstigen schwarzen Bekleidung. Zerstörungen im Kopfbereich sind durch die herabfallenden Backsteine hervorgerufen worden.
Von Brettinsche Gruft
Nachdem 1646 der Erfurter Ratsherr Elias Batlhasar von Brettin den großen Gutshof in der Riethgasse gekauft hatte, ist die Familie von Brettin in Stotternheim präsent. Hauptsitz blieb jedoch Erfurt. Erst sein Enkel Johann Jacob Joachim von Brettin bewohnte das große Gut als Stammsitz. Während seine Eltern und Großeltern in Erfurt beigesetzt wurden, wählte Jacob Joachim von Brettin die Grablage in der Stotternheimer Kirche. Sein kleines Töchterchen Maria Christina ist die Erste der Familie, die hier beigesetzt wird. Jacob Joachim von Brettin verstarb 1758 im 90. Lebensjahr.
Braunsche Gruft
Da bei dieser Grabplatte die Sterbedaten der Eltern und auch der zweite Familienname der Mutter fehlen ist es ein Zeichen dafür, dass die Grabplatte bereits im Jahre 1715 so angefertigt und beschriftet wurde, wie sie heute zu sehen ist. Es erfolgten keine Nachtragungen für die Eltern.
Maria Rebecca Uthe, geb. Braun
Sie war das einzige Kind des Ehepaares Georg Tobias Braun und Christina Elisabeth geb. Sömmering.
Mit 14 Jahre und 11 Monaten heiratete sie den 15 Jahre älteren Hauptmann Christoph Wilhelm Uthen zu Schwansee. Innerhalb kurzer Zeit wurden zwei Töchter geboren. Elisabeth Dorothea Rebecca - noch 1714, die 1730 in die Erfurter Familie Schorch einheiratete und das Braun-Gut in Stotternheim erbte und Christina Dorothea Rebecca, nach deren Geburt 1715 die Mutter 16jährig starb.
Georg Tobias Braun
Der Gutsherr, geboren 1667 in Werningshausen, starb im Juni 1719 und wird am 22.6.1719 in der Kirche, vor dem Altar in der Gruft seiner Tochter Maria Rebecca Uthe beigesetzt. 1697 heiratet er die Tochter des Erfurter Ratsherren Joh. Wilhelm Sömmering, Christina Elisabeth. Durch sie kommt er in den Besitz des Sömmeringschen Gutes in Stotternheim.
Bereits zu Lebzeiten vermacht er der Kirche zahlreiche Geschenke und in einem Testament legt er fest, dass die Stotternheimer Kirche Ländereien im Werte von 400 Talern, die Kirchen zu Werningshausen und Schwansee 100 bzw. 50 Taler aus seinem Nachlass erhalten sollen.
Christina Elisabeth Meyer geb. Sömmering, verw. Braun
Sie wird 1669 vermutlich in Erfurt als Tochter des Erfurter Ratsherren Joh. Wilhelm Sömmering geboren.
In ihrer zweiten Ehe (mit Elias Meyer) verheiratet wohnt sie in Erfurt und tritt in Stotternheim kaum noch in Erscheinung. Ihre Beisetzung in der Braunschen Familiengruft findet am 19. September 1749 statt. Elias Meyer wird nicht hier bestattet.
Von Lehmannsche Gruft später Gleischensteinsche Gruft
1782 wird die behördliche Genehmigung erteilt, die seit langem nicht mehr genutzte Gruft der Familie von Lehmann, da es keine Familienmitglieder mehr in Stotternheim gibt, für 50 Taler an die Familie von Gleichenstein zu vergeben.
Johann Friedrich von Gleichenstein
Sohn von Amadäus und Friederice Sophie von Gleichenstein, wurde am 7. Januar 1783 beigesetzt.
Friederice Sophie von Gleichenstein, geb. von Brettin
Witwe des Gothaischen Kammerjunkers Basilius Amadäus von Gleichenstein, der vor 1792 vermutlich in Gotha verstorben war